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Prokrastination

Fast jedem Studi passiert das früher oder später: Aufschieberitis klopft an die Tür! Deswegen wollen wir Euch hier ein paar Hintergründe zum Thema geben, die Euch vielleicht helfen, sich besser zum Lernen aufzuraffen.

Der Kreislauf

Morgen geht's los? Naja, aber ich will noch aufräumen, putzen und ja die Information über die Jahresdurchschnittstemperatur von Grönland interessiert mich wirklich jetzt - schließlich frage ich mich, ob der neue Porsche Taycan bei der Kälte noch fahren würde. Naja und dann kommen auch schon die Kollegen vorbei und ich weiß, dass das heute ganz bestimmt nicht mehr klappt. Und so steht man am nächsten Morgen mit einem ärgerlichen Gefühl auf, es wieder nicht geschafft zu haben. Das kann so weiterlaufen, bis man irgendwann ganz gestresst vorm Computer sitzt und weiß: Jetzt muss ich! Ich kann nicht anders. Ist die Abgabe in letzter Minute fertig heißt es dann: Nächstes mal - nächstes mal wird alles anders! Aber einkaufen muss ich noch und die Abstellkammer hab ich auch schon lange nicht mehr geputzt - achja und kann man eigentlich auf Elchen reiten?

In einer Schleife angeordnet sind die 5 Stichpunkte: (1) Ich starte morgen (2) Aufschieben, Ablenken, (3) Schuldgefühle, Druck, (4) Fertigstellen in letzter Minute (5) Nächstes mal: geplanter Frühstart © Leon Gerigk ​/​ FSR
Der Prokrastinationszyklus

Vier Wege in die Prokrastination und vielleicht hinaus

Hier sind vier Gedanken dargestellt, die Dich bestimmt auch schon zum Aufschieben gebracht haben. Damit Du Dich nicht ablenken kannst, arbeite am besten an einem ordentlichen Arbeitsplatz mit dem Handy und anderen Verlockungen weit weg. Trotzdem ist es natürlich wichtig, dass Du bewusst Pausen machst. Was Du sonst noch gegen Prokrastination tun kannst, ist von dem Grund abhängig, aus dem Du prokastinierst:

1) Überforderung

Die Aufgabe ist zu groß!

  • Nimm Dir die Zeit, einen Überblick zu bekommen. Vielleicht schreib Dir eine To-Do Liste und lasst etwas Platz, um dann Priorisierung dranzuschreiben.
  • "Teile und Herrsche" sagt der Informatiker: Große Aufgaben lösen vielleicht zunächst das Gefühl von Ohnmacht aus. Fang deshalb an, kleinere Aufgabenpakete zu formulieren, die Du dann Stück für Stück abarbeiten kannst. Und jedes Durchstreichen von Aufgaben auf der To-Do-Liste wird Dich mit Freude erfüllen: Versprochen!

2) Versagensangst

Die Aufgabe ist zu schwierig!

  • Im Studium scheitert jeder früher oder später an der ein oder anderen Aufgabe. Das ist normal! Menschen, die sehr erfolgreich studieren oder manchmal auch Eltern, die gar nicht studiert haben, können das von außen eventuell schlecher nachvollziehen.
  • Wenn das Gefühl da ist, dass man es mit einer unlösbaren Aufgabe zu tun hat, kannst Du immer noch Stück für Stück aufschreiben, was Du weißt und was Du lösen kannst. Dann hilft meist etwas Recherche in den Vorlesungsfolien.
  • Je genauer Du weißt, wo das Problem liegt, desto einfacher kannst Du nach einer Lösung suchen.
  • Vielleicht können da auch Freunde noch einen guten Tipp geben.

3) Langeweile

Die Aufgabe ist so öde!

  • Gerade hier ist es wichtig, die Ablenkung wegzulegen, denn das ist einer der schwierigsten Gegener!
  • Es ist zwar nicht immer einfach: Aber für vieles kann man sich Spaß einreden.
  • Sich und seine Lernstrategien zu kennen, ist eine gute Sache: Vielleicht hilft es Dir, Sport zwischendurch zu machen oder dann am Nachmittag gegen das Mittagstief Musik zu hören, sodass Dich etwas Motivation von außen unterstützt.
  • Nicht zuletzt ist die Frage interessant: Wozu braucht man das? Das Studium ist schon eine ganze Ecke näher an dem, was Du mal beruflich machen möchtest als es vielleicht in der Schule der Fall war. Da lohnt es, sich Gedanken über die späteren Ziele zu machen und zu sehen, welche Fähigkeiten Du dann benötigst.

4) Kleinreden

Die Aufgabe hab ich in null-komma-nix erledigt, dann kann ich ja jetzt noch ein bisschen was anderes machen.

  • Da hilft es, im Vorfeld schon einen Zeitplan zu erstellen, wo Du extra mehr Zeit einplanst (z.B. für Fahrzeiten).
  • Vielleicht verschiebst Du die Belohnung auch einfach ans Ende.
Vier Gedanken führen zur Prokrastination, die als Ablenkung mittig dargestellt ist. Die Gedanken lauten: Überforderung (Die Aufgabe ist zu groß) , Versagensangst (Die Aufgabe ist zu schwierig), Langeweile (Die Aufgabe ist zu öde) und Kleinreden (Die Aufgabe hab ich in null-komma-nix-erledigt). © Leon Gerigk ​/​ FSR
Die vier Gedanken der Prokrastination

Prokrastination: Ursachen

Wer prokrastiniert, sucht in der Regel nach einer schnellen Belohnung. Bei längeren Aufgaben ist diese Belohnung nicht so gut greifbar. Außerdem ist das Emotionszentrum im Gehirn bei vielen Aufschiebenden größer, sodass Versagensangst und die kurzfristige Belohnungswirkung stärker ins Gewicht fallen. Darüber hinaus wird kreatives Abschweifen durch das große Emotionszentrum befeuert. Allerdings solltest Du unterscheiden zwischen Prokrastination und Faulheit: Letztere ist eine bewusste Entscheidung, nicht zu arbeiten. Also beobachte Dich, dann findest Du bestimmt auch einen Weg aus der Prokrastination.

Motivation is key

Am einfachsten ist es, der Versuchung der schnellen Belohnung zu entkommen, wenn sie erst gar nicht aufkommt. Das erfordert eine große Portion Motivation für die Aufgabe, für die Tätigkeit.

1) Motivation

Ein Weg, an die Motivation zu kommen, ist die Frage: Warum mache ich das eigentlich? Du findest bestimmt eine ganze Reihe von Gründen, warum es interessant ist, Elektrotechnik zu studieren, da es für so viele Bereiche gebraucht wird. Egal ob es die Energiewende, Halbleiter, Hardware oder Algorithmen und maschinelles Lernen sind. Im Studium hast Du Zeit, eine ganze Reihe auszuprobieren und Dich mit der Praxiserfahrung zu motivieren und Deinen Schwerpunkt zu finden. Was Du alles machen kannst?

  • SHK-Stellen (Hilfskraft am Lehrstuhl)
  • Werksstudi-Stelle im Unternehmen
  • Elektronik-AG
  • Get Racing

Probiere ruhig mehreres aus und schau, was Dir Spaß macht - schließlich wirst Du Dich ja einige Zeit damit beschäftigen.

2) Mindset

Das ist erstmal etwas abstrakter, aber grundsätzlich will das Gehirn lernen und belohnt Verständnis. Du wirst die Erfahrung machen: Hast Du die Dinge im Semester einmal richtig verstanden, dann musst Du nur noch üben für die guten Noten und nicht mehr für das Bestehen.

Wochenplan und To-Do-Listen

Vielen hilft es, zu Beginn der Woche einmal strukturiert aufzuschreiben, was alles ansteht. Dabei ist es Uni mit Kursen und Zeiten zum Bearbeiten der Abgaben und Übungen einerseits und andererseits sollten Dinge wie Haushalt, Einkaufen, Freunde treffen und Hobbys nachgehen ebenfalls nicht fehlen. Ein guter Ansatz ist, die aufwändigsten und wichtigsten Aufgaben direkt zu Beginn der Woche zu erledigen, denn es kommt immer etwas dazwischen und es kann auch sein, dass man für das ein oder andere länger braucht als geplant. Lass Dir auch einen Tag immer frei, um die letzten aufgeschobenen Aufgaben noch abzuarbeiten.

Wenn Du Deine To-Dos sortiert, dann hilft es, die Aufgaben zu gewichten (* bis ***), je nachdem, wie wichtig / dringend was ist. Wobei Du vielleicht schon einmal dem Satz begegnet bist: "Was dringend ist, ist lange noch nicht wichtig". (Stichwort: Eisenhower-Prinzip). Mach Kategorien für Uni, Haushalt etc. überleg Dir, welches System (Papier / App) für Dich funktioniert. Außerdem hilft es, ins Detail zu gehen: Statt: "Mathe wiederholen" schreib: "Blatt 6 Aufgabe 3."

Auf diesem Bild sind die Aufgaben einer Woche (verschiednene Arbeitsblätter, Zusammenfassung von Vorlesung etc.) tabellarisch handschriftlich notiert. Einige Aufgaben werden von einem Tag auf den anderen verschoben und andere mit hoher Priorität sofort erledigt. © Clara Nagel ​/​ FSR
Ein Wochenplan als Beispiel.

Allgemeine Lerntipps

Ablenkung minimieren

Oben schon erwähnt, aber trotzdem sehr wichtig: Ablenkung minimieren. Das Handy ausschalten oder lautlos setzen. Wenn Du Dich am PC ablenkst, dann richte Dir vielleicht einen separaten Nutzer-Account ohne Spiele, Insta etc. und ggf. ohne Benachrichtigungen ein. Außerdem halte Deinen Schreibtisch ordentlich und das Arbeitsmaterial griffbereit. Warum das so wichtig ist: Nach zwei Sekunden Ablenkung benötigt das Gehirn 15 bis 20 Minuten, um wieder in den Flow zu kommen.

Lernen mit sozialem Druck

Oft ist es hilfreich, mit sozialem Druck zu lernen. Setze Dich an einen Ort, an dem es leise ist und viele andere auch lernen, wie z.B. in der Universitätsbibliothek. Dann ist es ebenso leichter, beim Nachhausekommen abzuschalten. Auf der anderen Seite solltest Du in diesem Studium viele Inhalte gut verstehen, wozu der Austausch in einer Lerngruppe hilft. Such Dir deshalb eine Lerngruppe, mit der Du gut konzentriert arbeiten kannst und bei Dikussionen über Aufgaben nicht vom Thema abkommst.

Lerntechniken ausprobieren

Es gibt ein ganzes Meer von Lerntechniken: Viele nutzen die Pomodoro-Technik, die Du  einfach im Internet findest. Betreibe etwas Recherche und probiere eine Technik für ein paar Tage aus und Du wirst merken, ob sie zu Dir passt.

Literatur

Dieser Artikel basiert zu einem großen Teil auf Erfahrungen im Studium und Austausch mit anderen Studis. Aufgeführt sind weitere Internetseiten, auf die hier zurückgefriffen wurde:

Verfasst von Leon Marcel Gerigk März 2022, mit Dank an Clara Sophie Nagel für die inhaltliche Diskussion